Eine Brücke erzählt ihre Geschichte
von Manuel Grosser
Mit einem architektonisch eher unauffälligen, aber nichts desto trotz wichtigen Bauwerk in Gunzenhausen beschäftigt sich dieser Artikel. Es wird tagtäglich von hunderten Auto- und Fahrradfahrern bzw. Fußgängern genutzt: die Altmühlbrücke. Seit jeher ist sie unverzichtbares Verbindungselement für die Stadt und dem westlichen Umland. Das natürliche Hindernis welches die Altmühl darstellt, galt es schon immer für die Menschen zu überwinden. Bereits für die Römer, die sich in der Gunzenhausener Gegend um 90 n. Chr. ansiedelten, waren die beiden Altmühlfurten -der untere Übergang lag ungefähr im Fortlauf der heutigen Sonnenstraße, der obere in der Nähe des Kaufhauses Steingass- von strategischer Bedeutung. Gunzenhausens Ehrenbürger, dem Vor- und Frühgeschichtsforscher Dr. Heinrich Eidam ist es zu verdanken, dass er die obere römische Furt entdeckte und dokumentierte. Unter dem Begriff ‚Furt‘ ist jene Flachstelle in einem Bach- oder Flusslauf zu verstehen, mittels der das Gewässer zu Fuß, zu Pferd und mit Fahrzeug problemlos zu durchqueren ist.
Wann die erste Brücke über die Altmühl entstand, ist unbekannt. Sicherlich ist davon auszugehen, dass die Errichtung mit der urbanen Entwicklung Gunzenhausens im 13. und 14. Jahrhundert zusammenhängt. Auch die exponierte Lage der Kommune am Schnittpunkt von Heeres- und Fernhandelsstraßen, spielte dabei bestimmt eine große Rolle. Ob die Brücke zunächst ausschließlich aus Holz oder bereits als kombinierte Holz-Stein-Konstruktion gebaut wurde, ist nicht feststellbar. Frühester schriftlicher Hinweis auf die Existenz stammt vermutlich von 1497 mit Nennung eines Mannes, der in Gunzenhausen als ‚Pruckknecht‘ tätig war. In den Unterlagen des Stadtarchivs finden sich ab dem 16. Jahrhundert immer wieder Ausgaben zum Brückenunterhalt, z.B. 1572 als der Stadtmaurermeister und seine Gesellen unter Mithilfe zahlreicher Einwohner 18 „Tag und Nächt“ an der Errichtung neuer Brückenjoche arbeiteten. Dass die wiederholten Instandhaltungskosten eine enorme finanzielle Belastung für die chronisch knappe Stadtkasse darstellten, beweist u.a. die umfassende Reparatur im Jahr 1668, als umgerechnet ca. 10.000 Euro an Kosten anfielen und der Gunzenhausener Rat auf großzügige Unterstützung seitens der markgräflichen Regierung aus Ansbach angewiesen war.
Diese gestattete der Stadt schließlich 1689 die Erhebung eines eigenen Brückenzolls von 1 Kreuzer je Fuhrwerk zur ausschließlichen Verwendung für künftige Baumaßnahmen. Bereits 1691 verzeichnen die Archivakten Einnahmen von 2.113 passierenden Wägen, 1699 waren es 3.551 Fuhrwerke, welche den Brückenzoll zu entrichten hatten und der dadurch eine unverzichtbare Einnahmequelle wurde.
Hochwasser und Eisgang
Regelmäßig bedrohten Naturgewalten das in der Altmühl stehende Bauwerk und verursachten häufig Beschädigungen. Im Winter 1700 mussten 42 Bürger ständig den zugefrorenen Fluss aufschlagen und die Eisschollen an den Brückenbögen entfernen. Ähnlich auch wenige Jahre später „alß daß Eyß mit Gewalt aufgegangen, haben etlich Bürger mit starcken Stangen daß Eyß zerstoßen, damit wegen der Bruck nicht in Gefahr kommen möcht“. Für den Arbeitsaufwand bewilligte das Bürgermeisteramt den Helfern eine Summe für Speis und Trank. 1726 erwies sich die Brücke als dermaßen baufällig, dass eigens der markgräfliche Landmesser Johann Georg Vetter nach Gunzenhausen kommen musste, um sich einen Überblick zu verschaffen.
Das „große Gewässer“ (= Hochwasser) von 1729 versetzte der Brücke quasi den Todesstoß, da die nun entstandenen Schäden irreparabel erschienen und einen völligen Neubau notwendig machten. Wieder reiste Vetter, jetzt in Begleitung von Hofmaurermeister Aspacher hierher. Deren abschließende Einschätzung führte dazu, dass im Folgejahr mit den mehrmonatigen Bauarbeiten begonnen werden konnte. Zu den Gesamtkosten von 630 Gulden (entspricht ca. 25.000 Euro) steuerte die Ansbacher Regierung lediglich ein Sechstel bei.
Während der 1730er und 1740er Jahre stand das Bauwerk im persönlichen Fokus des Markgraf Carl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach. Der Fürst hielt sich bekanntermaßen gern und häufig in Gunzenhausen auf. Um sein jenseits der Altmühl gelegenes Jagdschloss Falkenlust sowie Jagdgebiete in den Flussauen bequem erreichen zu können, war ein guter baulicher Zustand der Brücke selbstverständlich. Somit mag es nicht verwundern, dass er während der Wintermonate Soldaten seiner Leibkompanie abordnete, aufgestautes Eis an der Brücke zu beseitigen.
Obwohl sich die Stadtverwaltung stets um den baulichen Unterhalt bemühte und auch vor hohen Investitionen nicht zurückschreckte, entschloss man sich aufgrund des steigenden Verkehrsaufkommens und enormer laufender Renovierungskosten 1897 dazu, die Brücke durch einen Neubau zu ersetzen, deren Fertigstellung 1901 ihren Abschluss fand. Erst knapp hundert Jahre später musste sie einer umfassenden Generalsanierung für ca. eine Millionen D-Mark unterzogen werden.
Brucktor, Bruckkapelle und anderes Erwähnenswertes
Auf einem gegen Süden zu, an der Altmühlbrücke angebauten viereckigen Pfeiler, stand seit etwa dem 13./14. Jahrhundert die Bruckkapelle. Wahrscheinlich fand in diesem kleinen Gebäude kein Gottesdienst statt, sondern es diente ausschließlich der Verehrung des Brückenheiligen Nepomuk. Dennoch setzte der städtische Rat eigens Heiligenpfleger für diese Kapelle aus den Reihen seiner Mitglieder ein, ebenso waren die Bruckmeister ausschließlich Ratsherren, was ebenfalls die Wichtigkeit des Bauwerks unterstreicht.
Zwischen 1695 bis zum Abbruch 1808 vermietete die Stadt die Kapelle zu Wohnzwecke an arme Einwohner. Danach pflanzte man zur Erinnerung einen Lindenbaum, der 1899 beim Abbruch der bestehenden Brücke ebenfalls verschwand.
Seit 1996 wacht nun eine Statue der Heiligen Walburga über die Brücke.
Bei einem weiteren erwähnenswerten Gebäude in unmittelbarer Nachbarschaft handelte es sich um den Brucktorturm, der den westlichen Zugang zur Stadt gewährleistete und 1573 als „Thor auff der Langen Brucken“ bezeichnet wurde. Der Torwächter erhob auch den Brückenzoll und händigte den durchfahrenden Kutschern, quasi als Quittung, spezielle Zollzeichen aus Blech aus, die diese beim Verlassen der Stadt durch eines der anderen Tore an den dortigen Wächter abzugeben hatten.
1866 gelangte der Stadtrat zur Erkenntnis, dass der Brucktorturm „in historischer Beziehung nicht die mindeste Bedeutung hat, sowie überhaupt dessen Baustil zwar der Neuzeit angehörig, doch so unansehnlich ist, daß durch Abbruch der Eingang in die Stadt von der Brücke aus ein viel freundlicher wird.“
Aus heutiger Betrachtungsweise ein schwerwiegendes Fehlurteil, da die westliche Stadtansicht durch die Existenz dieses Turmes zweifelsohne zusätzliche Attraktivität hätte.
Werner Mühlhäußer, Stadtarchivar